speaker presenting in front of an audience

STATEC

Vasja Sivec der Abteilung STATEC Research bei einem Vortrag

Dem Glauben, dass Statistik aus unverständlichen Datensätzen besteht, begegnet das Institut STATEC mit einem neuen Ansatz: Die Luxemburger sollen nicht nur an Umfragen teilnehmen, sondern auch verstehen, wie politische Entscheidungen anhand von so erhobenen Daten gefällt werden. 2016 wurde eine eigene Forschungsabteilung, STATEC Research, gegründet und die Kommunikationsstrategie des Statistikinstituts überarbeitet. Eine Grafikerin hat beispielsweise die Aufgabe, Zahlen und Zusammenhänge besonders anschaulich darzustellen. STATEC erhebt und sammelt Daten zu Themen wie Umwelt, Bevölkerung, Arbeits- und Sozialverhältnissen, Unternehmen, Wirtschaft und Finanzen. Der Forschungsschwerpunkt von STATEC Research liegt im Bereich ‚Well-Being and Quality of life‘ – Wohlergehen und Lebensqualität.

Wie viele Menschen sind in Luxemburg an und mit Corona gestorben? Welche Nationalitäten siedelten in den vergangenen Jahren vermehrt nach Luxemburg über? Wie sicher fühlen sich die Menschen in der Stadt und auf dem Land? Wo genau liegen die drei Nationalparks in Luxemburg? Und welche Betriebe spielen in Luxemburg neben den großen internationalen Firmen eine Rolle für die Wirtschaftsentwicklung? Antworten auf diese und viele weitere Fragen finden Besucher auf der teils interaktiven Webseite des Statistikportal Luxemburg.

Eine täglich aktualisierte Seite bietet beispielsweise Zahlen zu Covid-19, wie die Anzahl der aktuell infizierten Menschen, der belegten Intensivbetten, oder den Einfluss der Pandemie auf die wirtschaftliche Lage in Luxemburg. Aber auch beständigere Daten werden auf der STATEC-Webseite anschaulich angeboten: eine Luxemburg-Karte kann beispielsweise unterschiedlich dargestellt und eingefärbt werden, wenn die Besucher bestimmte Filter anwenden. Die Namen und Grenzen der Kantone und Kommunen können eingeblendet werden, die Lage und Ausdehnung der drei Nationalparks, oder Zonen in Luxemburg mit besonderer Feinstaubbelastung.

Die unabhängige Forschungsabteilung STATEC Research forscht aktuell in den vier Themenbereichen Produktivität, Unternehmen, Arbeitsmarkt sowie Wohlergehen und Lebensqualität. Die Wissenschaftler bei STATEC Research befinden sich im permanenten Austausch mit internationalen Kollegen und können ihre Ergebnisse und Expertise daher sehr spezifisch in Entscheidungsprozesse innerhalb und außerhalb Luxemburgs einbringen. Die Leiterin von STATEC Research, Chiara Peroni, ist beispielsweise Vorstandsmitglied des Luxemburger Produktivitätsrates ‚Conseil National de la Productivité‘. Francesco Sarracino ist international anerkannter Experte für das Thema Wohlergehen und Lebensqualität und Mitglied nationaler, europäischer und weltweiter Gremien in diesem Bereich.

Daten erhält das STATEC über eigene Erhebungen, wie die groß angelegte Volkszählung 2021, eine Umfrage zur Sicherheit, oder auch kleinere Abfragen. Beispielsweise wurde in Kooperation mit dem FNR, der Universität Luxemburg, dem Laboratoire National de Santé (LNS) und dem Gesundheitsministerium eine Abfrage zur sozialen Distanz während der Corona-Pandemie durchgeführt. Aber auch externe Partner, wie Ministerien, Verwaltungen oder Institute liefern Daten für STATEC.

  • Name: STATEC - Nationales Institut für Statistik und Wirtschaftsstudien des Großherzogtums Luxemburg
  • Organisationsform: Verwaltung, die dem Ministerium für Wirtschaft untersteht
  • Direktor: Dr Serge Allegrezza
  • Standort: Centre Administratif Pierre Werner, 13 rue Erasme, L-1468 Kirchberg
  • Kontakt: info@statec.etat.lu
  • Name Forschungsabteilung: STATEC Research a.s.b.l.
  • Organisationsform: unabhängiges Forschungsinstitut
  • Gegründet: 2016
  • Direktorin von STATEC Research: Chiara Peroni
  • Forschung: soziale und wirtschaftliche Entwicklung von Gesellschaften
  • Standort: House of Entrepreneurship, 14, rue Erasme, L-1468 Luxembourg-Kirchberg
  • Kontaktresearch@statec.etat.lu;
  • Webseite: https://statistiques.public.lu/en/actors/statec/organisation/red/index.html

Transparente Daten für eine Gesellschaft in Bewegung

Am Institut STATEC und in der Abteilung STATEC Research wird Wissen generiert, das möglichst vielen Menschen zur Verfügung gestellt werden soll. Über den umfangreichen Internetauftritt hinaus verbreiten STATEC und STATEC Research Ergebnisse über Publikationen, regelmäßige Pressemitteilungen, Konferenzen, Seminare und Workshops. Eine für 2020 geplante internationale Well-Being Konferenz wurde wegen der Pandemie auf ein online-Format 2021 verschoben. Im jährlich erscheinenden Bericht ‚Luxemburg in Zahlen‘ werden aktuelle Daten zu Themen wie Gebiet und Umwelt, Bevölkerung und Arbeitsmarkt, soziale Bedingungen, Unternehmen, sowie Wirtschaft und Finanzen anschaulich dargestellt.

Daten sind ein wichtiger Aspekt, um den gesellschaftlichen Diskurs zu versachlichen und um politische Entscheidungen zu motivieren. Dass dies nicht immer ganz einfach ist, zeigte sich während der Corona-Pandemie, als unterschiedliche Empfehlungen zum Tragen von FFP2-Masken kommuniziert wurden. Insbesondere bei aktuellen Problemlagen sind Datensätze einem permanenten Wandel unterworfen und Interpretationen können sich schnell und manchmal widersprüchlich ändern. Die vier Forschungsbereiche bei STATEC Research (Produktivität, Unternehmen, Arbeitsmarkt, Wohlergehen und Lebensqualität) leisten mit ihren Analysen einen wichtigen Beitrag, um in Krisensituationen und bei längerfristigen Prozessen eine solide Basis für die Meinungsbildung in der Gesellschaft und für politische Entscheidungen bereit zu stellen. Eine Analyse zum Migrationsgeschehen in Europa konnte beispielsweise zeigen, dass die Lebenszufriedenheit der Europäer durch den Zuzug von europäischen und nicht-europäischen Migranten sowie durch Geflüchtete nicht beeinflusst wurde. Eine andere Studie im Forschungsbereich Produktivität belegt, dass der Luxemburger Finanzmarkt während der Corona-Pandemie nicht so stark gelitten hat wie in anderen europäischen Ländern. Aber die Zahl der Unternehmensgründungen ging auch in Luxemburg 2020 stark zurück.

PIBien-être und das Easterlin-Paradox

Geld allein macht nicht glücklich. Diese alte Weisheit wird durch Untersuchungen von STATEC Research-Wissenschaftlern differenziert mit Zahlen belegt. In Zusammenarbeit mit Richard Easterlin von der University of Southern California hat Kelsey J. O’Connor mit Daten aus über 120 Ländern und über einen Zeitraum von fast 30 Jahren den Grundsatz des sogenannten Easterlin-Paradoxons erneut bestätigt: die Erhöhung des Bruttoinlandproduktes (BIP) korreliert nicht stabil mit dem subjektiven Glücksgefühl von Menschen. Bis zu einem Schwellenwert gibt es einen Zusammenhang zwischen Einkommen und Lebenszufriedenheit, über lange Sicht stehen wirtschaftliches Wachstum und subjektives Glücksgefühl aber nicht in Beziehung zueinander. Dieser Erkenntnis folgend wird in Luxemburg seit 2009 parallel zu dem BIP (franz. PIB, produit intérieur brut) von STATEC der PIBien-être gemessen. Das subjektive Wohlergehen wird abgefragt sowie neben dem Einkommen Faktoren wie Bildung und Arbeit, Wohnsituation, Gesundheit, soziale Kontakte und Umwelt. Die Zahlen geben Aufschluss über den Zustand der Gesellschaft und es ist auf diese Weise möglich, Maßnahmen zu identifizieren, die die Entwicklung der Gesellschaft in nicht-ökonomischen Zusammenhängen voranbringt.

Autor: scienceRELATIONS (Insa Gülzow)
Redaktion: Michèle Weber (FNR)

 

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