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Auf der Suche nach einem frühen Vorboten von Pakinson sind Forscher am Luxembourg Centre for Systems Biomedicine nun möglicherweise im Darm fündig geworden.

Parkinson ist eine heimtückische Erkrankung: Wenn sie sich mit den typischen Bewegungsstörungen wie Zittern oder Muskelsteifheit zu erkennen gibt, sind Teile des Gehirns bereits unwiderruflich zerstört. Der Beginn der Erkrankung liegt zu diesem Zeitpunkt häufig schon Jahrzehnte zurück.

Dual-Hit-Hypothese: Krankheitserreger dringen entweder über Nase oder Darm in den Körper ein

Dass die Parkinson-Erkrankung ihren Ursprung möglicherweise weit außerhalb des Gehirns hat, diskutieren Fachleute seit längerer Zeit. Der „Dual-Hit“-Hypothese zufolge dringt ein bisher unbekannter Erreger über zwei Pforten in den Körper ein: Nase oder Magendarmtrakt. Dort setzt er pathologische Prozesse in Gang, allen voran die Fehlfaltung des Proteins Alpha-Synuclein. Das ist ein Protein, dessen genaue Funktion bisher unbekannt ist. Vermutlich ist es unter anderem an der Ausschüttung von Botenstoffen wie Dopamin beteiligt.

Die Fehlfaltungen des Proteins könnten sich über Nervenbahnen bis ins Gehirn ausbreiten, wo sie dann – Jahrzehnte später – die für Parkinson typischen Verklumpungen in den Dopamin-produzierenden Zellen bilden, die Lewy-Körperchen. Letztlich kommt es zum Absterben der Nervenzellen und damit zu den typischen Parkinson-Symptomen.

Mikrobiom aus Nase und Darm untersucht

Die Forscher um Professor Paul Wilmes, Leiter der Eco-Systems Biology Gruppe am Luxembourg Centre for Systems Biomedicine (LCSB) der Universität, gingen zusammen mit deutschen Ärzten und Forschern nun der Frage nach, ob die frühen Geschehnisse im Krankheitsverlauf auch die Bakteriengemeinschaft, das Mikrobiom, an den beiden möglichen Eintrittspforten verändern. Sie nahmen Proben aus Nase und Darm von 76 Parkinson-Patienten und 78 gesunden Kontrollpersonen, die im Rahmen einer Langzeitstudie betreut werden.

Außerdem untersuchten sie das Mikrobiom von 21 Probanden mit einer festgestellten Traum-Schlafverhaltensstörung, iRBD genannt (Idiopathic Rapid-Eye-Movement Sleep Behaviour Disorder). Menschen mit dieser Schlafstörung haben ein stark erhöhtes Risiko, später im Leben an Parkinson zu erkranken.

Verbindungen zu nicht-motorischen Parkinson-Symptomen wie Depressionen

Es zeigte sich, dass sich die Bakteriengemeinschaft des Darms bei allen drei Gruppen deutlich voneinander unterschied. „Parkinson-Patienten ließen sich anhand ihrer jeweiligen Darmbakterien von gesunden Kontrollen abgrenzen“, erläutert Erstautorin Dr. Anna Heintz-Buschart von der Eco-Systems Biology Gruppe.

„In der iRBD-Gruppe war ein Großteil der gefundenen Unterschiede bereits ersichtlich. So waren bestimmte Keime in einer Gruppe vermehrt vorhanden, die Zahl anderer vermindert.“ Bei den Proben aus der Nasenhöhle der Probanden fanden die Wissenschaftler solche Unterschiede nicht. Die Untersuchung ergab außerdem, dass bestimmte Darmkeime mit nicht-motorischen Parkinson-Symptomen wie Depressionen in Verbindung standen.

Neue Ansatzpunkte für eine frühzeitige Behandlung der Erkrankung

„Wir hoffen, dass wir durch einen Vergleich der Gruppen die Rolle des Mikrobioms im Krankheitsgeschehen besser verstehen lernen und herausfinden, welche Veränderungen wann auftreten“, erläutert Paul Wilmes. „Dies liefert möglicherweise neue Ansatzpunkte für eine frühzeitige Behandlung der Erkrankung. Außerdem wäre es eine wesentliche Voraussetzung dafür, das Fehlen oder Vorkommen bestimmter Bakterien eines Tages als Biomarker einsetzen zu können, also zur Früherkennung der Erkrankung.“

Außer den Forschern des LCSB waren Wissenschaftler der Paracelsus-Elena-Klinik in Kassel, der Abteilung für Neurologie an der Philipps Universität in Marburg sowie der Abteilung für Neurologie und dem Institut für Neuropathologie der Universitätsmedizin Göttingen an der Studie beteiligt. Die Arbeit, deren Ergebnisse die Forscher im Fachmagazin „Movement Disorders“ vorstellten, wurde vom luxemburgischen Rotary Club Im Rahmen des Programms „Espoir en tête“ sowie vom Fonds National de la Recherche (FNR) und der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) unterstützt.

Autor: Universität Luxemburg

Editor: Uwe Hentschel

Foto: Universität Luxemburg

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